Beim Hebammen-Termin am Mittwoch, 18.06.2014, wurde wie immer CTG geschrieben, es gab ganz leichte Ausschläge, aber sonst nicht viel. Leider war mein Blutdruck wie am vergangenen Montag und Freitag auch schon viel zu hoch, die Wassereinlagerungen wurden trotz Akupunktur auch nicht besser und unsere Hebamme wurde langsam merklich unentspannter. Schließlich waren wir ja auch schon deutlich in der 42. Woche angekommen und von der anstehenden Geburt war noch nicht allzu viel zu sehen. So entschieden wir gemeinsam, dass ich am Abend einen Wehencocktail mit Rizinusöl trinken sollte, das sie uns mitgab und am nächsten Morgen sollten wir direkt zum CTG zur Kontrolle kommen.Wir verbrachten den Abend noch mit letzten Nestbau-Aktivitäten und ich trank den „Cocktail“ (Rizinus + Aprikosensaft + Mineralwasser + Erdnussmus) gegen halb 12 kurz vor dem Schlafengehen in großer Hoffnung, dass sich vielleicht noch in dieser Nacht stärkere Wehen als bisher einstellen würden. Schlafen war mit dieser Aussicht gar nicht so einfach und gegen 4 Uhr wachte ich schließlich aus einem unruhigen Schlaf auf und musste erstmal ausgibig auf Toilette. Zumindest diese Wirkung des Rizinusöls stellte sich also ein, yay! Relativ gleichzeitig spürte ich die ersten stärkeren Wehen, die sich von der Intensität doch schon etwas von den bisherigen Übungswehen unterschieden. Erleichtert und in freudiger Erwartung legte ich mich wieder ins Bett und konnte endlich ein bisschen besser schlafen – schließlich war die Angst vor einer möglichen Einleitung im Krankenhaus damit wieder etwas in den Hintergrund gerückt. Donnerstag morgens um 7 Uhr folgte dann der zweite Rizinus-bedingte Toilettengang und wir machten uns frohen Mutes auf zum CTG! Auch hier zeigten sich die etwas stärkeren Wehen, zum ersten Mal gab es Ausschläge bis 50 und auch mein Blutdruck war merkwürdigerweise wieder völlig normal. Also wurden wir wieder nach Hause entlassen und warteten auf den Beginn der Geburt. Die Hebamme ging erstmal nicht davon aus, dass es bald losgehen würde und stellte uns einen erneuten Versuch mit Wehencocktail am Freitag Abend in Aussicht, am Freitag Morgen sollten wir nochmal zur Frauenärztin für einen Fruchtwasserindex und das OK, dass wir übers Wochenende noch auf die Geburt warten durften. Am Nachmittag machten wir noch einen Spaziergang im Park, um die Wehen zu verstärken, was auch ganz gut funktionierte, mittags und abends machten wir außerdem noch einen Versuch mit Nelkenöltampons, in der Hoffnung, dass es endlich losgeht.Am frühen Abend machten wir erstmal noch ein kleines Nickerchen, schließlich konnte ja keiner wissen, ob es nicht schon in dieser Nacht soweit sein würde und wie sich herausstellte, war die Entscheidung goldrichtig. Etwa 1 Stunde danach setzten die Wehen nämlich wieder stärker als bisher ein, noch immer nicht schmerzhaft, aber doch von einer ganz anderen Qualität als bisher. Ich hopste also ein bisschen auf dem Gymnastikball herum und freute mich über jede neue Wehe, die von Anfang an in Abständen von 5 – 7 Minuten kamen.
Die Wehen wurden mit der Zeit immer stärker, wir haben noch den Geburtstagskuchen für unsere Kleine gebacken, da ich davon ausging, dass sie am nächsten Tag auf jeden Fall auf die Welt kommen würde, und als ich gegen halb 12 gerade im Vierfüssler auf dem Bett rumturnte und mit meiner Frau redete, die im Nebenraum war, machte es plötzlich Päng! – und die Fruchtblase war geplatzt 😉 Ich raste ins Bad um unsere Matratze nicht völlig in Mitleidenschaft zu ziehen. Klappte auch gut, im Bad tropfte es dann vor sich hin und die Erleichterung bei uns beiden war erstmal groß, dass das Fruchtwasser absolut klar war und nicht grün – was in der 42. Schwangerschaftswoche und in Verbindung mit der Wirkung des Rizinusöls ja nicht ganz unwahrscheinlich gewesen wäre.
Von diesem Moment an wurden die Wehen merklich stärker und meine Frau rief erstmal die Hebamme an, die etwa 1 Stunden später bei uns vor der Tür stand. Während der Zeit wurden die Wehen wirklich heftig und kamen schon in einem Abstand von nur 2-3 Minuten. Eine kurze Untersuchung ergab dann, dass der Gebärmutterhals komplett verstrichen war und der Muttermund etwa 2 cm geöffnet war. Wir entschieden dann gemeinsam erstmal noch Zuhause zu bleiben und die Hebamme fuhr noch einmal nach Hause um sich etwas auszuruhen. Wir sollten sofort anrufen, wenn wir Unterstützung bräuchten. Also ließ meine Frau mir erstmal ein Bad ein, wo die Wehen dann noch einmal an Intensität zunahmen. Leider machte mein Kreislauf nicht so richtig mit und ich ging schnell wieder raus aus der Wanne.
Gegen halb 3 riefen wir unsere Hebamme dann wieder an, weil ich leichte Blutungen bekam und die Wehen auch immer stärker wurden, sie kam gegen 3 Uhr zu uns und ich war super erleichtert als sie uns mitteilte, dass der Muttermund mittlerweile bei 4-5 cm war! Wir begannen also die letzten Sachen in die Geburtshaustasche zu packen, ich zog mich zwischen den Wehen so gut es ging an und wir machten uns im Auto der Hebamme schließlich auf den Weg zum Geburtshaus. Auf dem Weg war ich glücklicher denn je, dass sie uns mitnahm und wir mangels eigenem Auto bzw. Führerschein kein Taxi rufen musten, denn die Wehen war ziemlich heftig und ich hatte doch etwas Probleme diese noch zu verarbeiten. Gegen Ende der Fahrt fragte die Hebamme mich plötzlich, ob sich bei den Wehen irgendwas verändern würde, ich sagte ja – der Druck während der Wehen war ziemlich stark und wurde auch immer stärker. Im Nachhinein weiß ich, dass das schon erste Presswehen waren!
Gegen 4 Uhr endlich im Geburtshaus angekommen machten wir uns im Geburtszimmer breit, bei mir wurde ein CTG geschrieben, das zum Glück im Stehen gemacht werden konnte, denn hinsetzen oder hinlegen wäre echt kaum möglich gewesen. Weil die Wehen so einen argen Druck machten, untersuchte die Hebamme nochmal den Muttermund, heraus kamen 7 cm Muttermundöffnung, was 2-3 cm in etwas über einer Stunde entsprach. Der Grund für die frühen Presswehen war wohl, dass sich das Köpfchen falsch herum ins Becken gedreht hatte und so ein starker Druck auf den Muttermund entstand. Durch den Druck wiederum schwoll wohl der Muttermund auch etwas an, was dann dazu führte, dass ich wenig später Buscopan-Zäpfchen und schließlich eine Buscopan-Spritze verpasst bekam, um die Schwellung zu verhindern bzw. rückgängig zu machen.
In der darauf folgenden Zeit veratmete ich weiter Wehe für Wehe, lag einige Zeit in der Wanne, was wirklich angenehm war, hing an meiner Frau herum und versuchte irgendwie nicht zu pressen. Ich hatte keinerlei Zeitgefühl mehr. Kurze Zeit nach uns kam eine Hebammen-Schülerin dazu, die wir in den Wochen zuvor schon in der Vorsorge kennengelernt hatten – wir wurden vorher und auch während der Geburt nochmal gefragt, ob es okay sei wenn sie dabei ist. Unsere Hebamme rief außerdem noch eine Kollegin dazu, scheinbar wegen der etwas verqueren Situation mit den zu frühen Presswehen und dem falsch gedrehten Köpfchen. Außerdem wären es in der heißen Phase sowieso üblich gewesen, eine zweite Hebamme dazuzurufen. Viele Positionswechsel und Wehen später konnte ich dann den Pressdrang nicht mehr aufhalten, was aber wohl auch okay war, denn keiner sagte etwas dagegen. Ich spürte ganz deutlich, wie das Köpfchen immer weiter nach unten rutschte und auf den Damm drückte. Das alles machte die Wehen sehr viel erträglicher und war eine echte Motivation für den Endspurt.
Mittlerweile war ich wieder aus der Wanne draußen und turnte irgendwo vor dem Bett herum, meine Frau immer daneben, die ich während der Wehen fröhlich zum Händchenhalten und Dranhängen missbrauchte. In den Wehenpausen schaffte ich es tatsächlich immer wieder noch etwas wegzudämmern, was wirklich hilfreich war und auch dazu führte, dass ich gar nicht merkte, wie die Zeit verging. Irgendwann sagte die Hebamme, ich solle mal nach dem Köpfchen fühlen, was ich auch machte – ein unglaublich merkwürdiges und cooles Gefühl. Als das Köpfchen dann auch von außen schon zu sehen war, hielt sie mir einen Spiegel hin, sodass ich einen ersten Blick auf unsere kleine süße Tochter werfen konnte. Nur wenig später kam die Kleine in der Hocke, ich abgestützt von meiner Frau, die hinter mir saß und mich hielt, zur Welt. Als ihr Köpfchen geboren wurde presste ich einfach weiter, einerseits weil der Schmerz wirklich immens war in dem Moment, andererseits aber auch, weil ich sie endlich im Arm halten wollte.
Unsere Tochter erblickte um 7.28 Uhr das Licht der Welt.
Der Moment war so unglaublich, mit nichts auf der Welt zu vergleichen. Da lag dieses kleine, süße Wesen zwischen meinen Beinen, auf das wir so lange gewartet hatte und das die letzten 9 Monate bereits ein Teil unserer Familie gewesen war und jetzt endlich lag sie da und ich brauchte einen Moment um das zu realisieren. Ich griff nach dem Arm der Kleinen und bat die Hebamme mir zu helfen sie hochzunehmen. Als ich sie endlich im Arm hatte war alles andere egal und auch die etwas unruhige Stimmung im Raum konnte mich nicht aus der Ruhe bringen. Im Nachhinein weiß ich, dass ich in dem Moment auch jede Menge Blut (650 ml) verlor. Ich wurde aufs Bett verfrachtet, bekam eine Spritze mit Oxytocin, damit sich die Gebärmutter zusammenzog.
Danach beruhigte sich alles so langsam, die Kontraktionen durch das Oxytocin waren ziemlich heftig, aber ich merkte die kaum und kuschelte mit meiner Frau und unserer Tochter selig auf dem Bett. Für die Nachgeburt sollte ich mich dann nochmal hinhocken, danach wurde die Kleine von meiner Frau mit Hilfe der Hebamme abgenabelt. Irgendwann während der Zeit legte ich die Kleine das erste Mal schon an, die Hebammen ließen uns auch immer mal wieder alleine im Zimmer, um uns ein bisschen Zeit zum Kuscheln und Kennenlernen zu geben. Im Anschluss wurde ich noch untersucht, ein Dammriss 2. Grades musste genäht werden – echt fies an so einer Stelle, auch wenn mit Spray betäubt wurde – und ein paar leichte Abschürfungen wurden mit einem kühlenden Gel behandelt. Währenddessen durfte meine Frau unsere Tochter die ganze Zeit im Arm halten und ich hielt die Hand der Hebammenschülerin, die tapfer ertrug, wie ich ihre Hand beim Nähen etwas zerquetschte.
Als wir alle dann ein bisschen angekommen waren kamen unsere beiden Hebammen und die Schülerin mit Sekt, Geburtstagskuchen und dem Geburtsverkündungs-Schild, das vor dem Geburtshaus hängt ins Zimmer und sangen der Kleinen ein Geburtstagsständchen. Wir saßen dann alle zusammen auf dem Bett, aßen Kuchen, stießen mit einem Glas Sekt an und genossen einfach den Moment.
Bei der U1 stellte sich unsere Kleine dann mit 50 cm Länge und 4120 Gramm Gewicht als kleines Moppelchen heraus, ihr Kopfumfang lag bei 36 cm. Alles andere war ebenfalls super und vorbildlich (Apgar 10/10/10) und so machten wir uns gegen 12 Uhr auf den Heimweg im Storchentaxi.
Mittlerweile sind wir super angekommen, nach den ersten trinkfaulen Tagen nimmt unser kleines Teufelchen endlich wieder zu, nachts schläft sie locker mal 4 Stunden am Stück und würde vielleicht auch länger schlafen, wenn ich sie nicht regelmäßig stillen würde 😉 Sie quengelt kaum und schreit eigentlich nur, wenn die Windel ordentlich voll ist; bisher ein richtig pflegeleichtes Baby also.
Die Geburt war wirklich heftig und ein unglaubliches Erlebnis. Auch wenn nicht alles perfekt gelaufen ist, da die frühen Presswehen wirklich kräftezehrend waren und auch ziemlich schmerzhaft, bin ich froh, dass wir uns für eine Geburt im Geburtshaus entschieden haben. Ohne die Unterstützung unserer tollen Hebammen wäre das alles so nicht möglich gewesen, im Krankenhaus wäre es wahrscheinlich schon vorher auf eine chemische Einleitung oder dank des geschätzten Gewichtes (was übrigens 4 Tage vor der Geburt von unserer Frauenärztin mit echt gutem Ultraschallgerät auf 3500 bis 3800 Gramm geschätzt wurde – soviel also zu Ultraschall-Gewichtsschätzungen) sogar auf einen Kaiserschnitt hinaus gelaufen. Wir wurden ganz toll begleitet und werden es jetzt im Wochenbett immernoch und alles in allem war die Geburt ein unglaublich schönes Erlebnis für uns beide.